Wachregiment

  • kann mal jemand der von der Sache Ahnung hat Licht für mich ins Dunkel bringen?


    - hatte man eine (wirkliche) Wahl dem Wehrdienst zu entgehen?
    - konnte man sich aussuchen, wo man gedient hat?
    - waren alle Wehrdienstler im Wachregiment automatisch Stasi/Mfs-Angehörige?
    - gab es da grundsätzlich Anwerbungsversuche als IM


    Nachdem die Statistiker schon an der Reihe waren in der Sommerpause, bitte jetzt alle Ethiker und Philosophen an die Forumsfront.....


    Eisern!!!!


    P.S. bemüht euch doch bitte den Fred-Titel etwas aussagekräftiger zu machen.. "Wachregiment" kann alles und nix heißen.. "Zingler beim Wachregiment" da weiß man schon eher wo die Reise hingeht thx

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  • Wer sich zu drei Jahre Armee verpflichtete, wollte Vorteile im persönlichern Fortkommen in der DDR erreichen. Ein Studium z.B.(in den '80igern) ohne 3 Jahre Armee war (fast) unmöglich. So hatte jeder seine "persönlichen Befindlichkeiten" . Selbstverständlich wurden die jungen Menschen bei der Musterung mit genau diesen Befindlichkeiten "geködert". In Adlershof selber wußte Jeder (sich Interessierende) was sich hinter den Kasernenmauern gegenüber des Fernsehfunkes für ein Regiment verbarg .
    Ich habe viele Soldaten (Uffz.)in Adlershof kennengelernt , die vor der Einberufung gar nicht wußten um was für ein Regiment es sich handelte und es erst in der Kaserne erfuhren, eben wie Wehrdienstleistende . Die Masse des Regiments waren eben diese Wehrdienstleistenden ab 3 Jahre und hatten sich (wie übrigens viele DDR Bürger auch) keinen Kopf gemacht, für was und für wen sie die Waffe dort ergriffen, wobei nach der Einberufung war es eh zu spät.
    Das Wachregiment , war Militärdienst (wie das Wachregiment Friedrich Engels in Berlin) ein MFS Angehöriger wurde man mit Verpfilchtungserklärung (IM) oder Einstellung in den Dienst (MFS). Man hatte die Wahl den Wehrdienst zu entgehen (Bausoldat oder Knast) oder man zeigte bei der Musterung seine Unwilligkeit auf den Klassenfeind zu schießen , dann bist Du zu fast 100 % nicht an die Grenze gekommen,
    Einige (für das MFS interessante Personen) wurden natürlich für das MFS geworben, die breite Masse aber tauchte nach dem Wehrdienst wieder in den DDR Alltag ein.
    Für das im Glashaus sitzende Steinewerfen ist dieser Lebensweg in der DDR zu alltäglich und nachvollziehbar, eben DDR Alltag.
    E.U.Wassermann

    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

  • - hatte man eine (wirkliche) Wahl dem Wehrdienst zu entgehen? bis anfang der 80er nein, danach de facto nein, wenn man z.b. studieren wollte


    - konnte man sich aussuchen, wo man gedient hat? nein; oft wurde man ganz bewusst an das andere ende der republik versetzt. "kooperationsbereitschaft" konnte in der tat den eigenen dienstort positiv beeinflussen. da der armeedienst in der ddr auch alles andere als ein zuckerschlecken war (drill!), nahm der dienstleistende jede kleine hilfe/unterstützung im normalfall gerne an.


    - waren alle Wehrdienstler im Wachregiment automatisch Stasi/Mfs-Angehörige? man sollte trennen zwischen einerseits stasi-angehöriger (was man möglicherweise als felix-d-angehöriger pro froma war, was aber im detail kaum ein grundwehrdienstleister vorher gewusst haben dürfte) und andererseits IM, was man ausdrücklich nicht zwangsläufig wurde. IM und wachregiment ist in ostdeutscher konotation nicht dasselbe, aber das kann wolf nicht wissen.


    - gab es da grundsätzlich Anwerbungsversuche als IM? schon möglich, aber nicht zwingend. unabhängig davon kann man niemand vorwerfen, dass die stasi ihn anwerben wollte. laut dem artikel war DZ kein IM.


    DZ sollte sich der diskussion offen stellen. wachregiment bedeutete streng genommen nicht automatisch stasi(-IM), aber anrüchig war es auf jeden fall.


    EISERN

    Nach 20 Jahren sage ich dem Unionforum "Lebewohl". Ein Ort, wo sich manisch auskotzende Hater alle anderen Diskussionen überlagern, die sich auch nicht zu schade sind, mit Stasi-Methoden gegen Leute vorzugehen, die eine andere Meinung haben, ist nicht (mehr) mein Ort.

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    • Offizieller Beitrag

    The summer of love... Mir persönlich ist es eher egal, wo jemand in der DDR seinen Wehrdienst abgeleistet hat. Ich habe selber fast 3 Jahre den "Ehrenrock" getragen, und sicherlich nicht, weil ich auf Drill, kasernierte Unterkunft und schlechtes Essen stand. Eher weil ich studieren wollte.
    Entscheidend für eine Bewertung der Tätigkeit beim Wachregiment muß bleiben: IM oder nicht. Diese Frage hat Herr Wolf beantwortet, auch wenn er sonst scheinbar nicht viel Ahnung vom Leben in der DDR und den damit verbundenen persönlichen Gratwanderungen hat.


    Mir ist es :wurst:


    PS Seit 1985 wurden Totalverweigerer glaube ich nicht mehr inhaftiert, das wurde aus gutem Grund nur nicht an die große Glocke gehängt.

  • Mein erster Gedanke ist meine Mitgliedschaft zu kündigen....Ich muss dass erstmal verdauen hätte fast mein Frühstück ausgekotzt....Trotz Drohungen und was weiß ich für repressalien konnte ich mir sehr wohl aussuchen Bausoldat :!: geworden zu sein...Das muss ich echt erstmal verdauen und dann über Konsequenzen nachdenken ;(

    • Offizieller Beitrag

    ... von Wikipedia


    "Rekrutierung und Ausbildung [Bearbeiten]Im Wachregiment wurde die Wehrpflicht als WED (Wehrersatzdienst) abgeleistet. Die Dienstzeit für Wehrpflichtige betrug drei Jahre. Einberufen wurde im Gegensatz zur NVA bereits im April und September/Oktober, also einen Monat früher.


    Zum Wehrdienst im Wachregiment wurden ausschließlich Rekruten aus als politisch besonders zuverlässig geltenden Familien eingezogen, wobei ein ausdrücklicher Wunsch des Wehrpflichtigen nur in wenigen Fällen eine Rolle spielte. Grundsätzlich wurden eventuelle Rekruten bereits durch die entsprechenden MfS-Kreis- und Bezirksdienststellen ausgewählt und anschließend der Einberufungsbehörde (Wehrkreiskommando) als eventuelle Anwärter für das Wachregiment Berlin genannt. Mit den Rekruten fand in der Mehrheit aller Fälle kein Vorgespräch statt, sondern sie wurden zur entsprechenden MfS-Kreis-oder Bezirksbehörde bestellt, wo die Betroffenen auf ihre politische Zuverlässigkeit hin geprüft wurden und ihnen ein dreijähriger Wehrdienst vorgeschlagen wurde. Diese Auswahl für „Dreijährige“ nahm ihren Anfang immer in den Wehrbezirkskommandos der 15 DDR-Bezirke, die die führende Übersicht über alle einzuziehenden Jahrgänge innerhalb der DDR hatten. Bei der elitären Personal-Vorauswahl durch die Staatssicherheit konnte kein Wehrkreiskommando mitreden. Das MfS überprüfte grundsätzlich alle Wehrpflichtigen, die sich zu einem dreijährigen Wehrdienst bereit erklärt hatten, und filterte aus diesem Bestand seine Rekruten heraus. Im Wachregiment wurden keine Reservisten eingesetzt; Soldaten, die im WR ihren Grundwehrdienst abgeleistet hatten, wurden in der Regel nicht wieder in das WR eingezogen. Jährlich wurde mindestens einmal eine Regimentsübung durchgeführt, meist im Januar. Bei dieser war fast das ganze Regiment auf "Achse". Die Übungen wurden meist unter Nuklearkriegsbedingungen abgehalten.


    Am Entlassungstag "verzierten" viele Wehrpflichtige in Adlershof traditionell mit ihren Spind-Vorhängeschlössern den Zaun des gegenüberliegenden Grundstücks des Deutschen Fernsehfunks. Der Ordnung halber entfernte das Wachregiment die Vorhängeschlösser kurz darauf wieder mit Hilfe von Bolzenschneidern"


    Mitunter zeigt eben der Wolf im Schafspelz immer noch sein stinkenden Zähne. Geschichte ausgebuddelt, Fakten ein bisschen nach dem Wind gerichtet, Seite vollgeschmiert. (Hat der nicht sogar Freunde in unseren Reihen?)
    Wer hat Interesse daran, gerade jetzt, wo wir (fast hätte ich gesagt "im ruhigen Fahrwasser") die nächsten Schritte unseres Weges gehen wollen, Unruhe zu stiften?
    Für mich ab heute die nächste Tageszeitung auf dem Index

  • danke für die Aufklärung.. ich kann jetzt zwar ethisch/moralisch/unionerisch-historisch nicht wirklich drüber urteilen, da meine Biografie am ganz anderen Ende der Republik begann, aber man sollte natürlich wie es ruepel gesagt hat diskutieren und thematisieren. In wieweit sowas wirklich differenziert möglich ist, müssen andere entscheiden, die in dieser Epoche in der DDR gelebt haben und ggf sogar davon betroffen waren. Ohne es wirklich zu wissen, scheint mir das hier nachvollziehbar und habe ich selbst unzählige Beispiele im Freundeskreis...

    Zitat

    Für das im Glashaus sitzende Steinewerfen ist dieser Lebensweg in der DDR zu alltäglich und nachvollziehbar, eben DDR Alltag.


    Eisern...


    verdammte axt.. kann man hier net mal ein Beitrag fertig schreiben, ohne das 5 andere dazwischen funken :grumble


    Zitat

    Mein erster Gedanke ist meine Mitgliedschaft zu kündigen....Ich muss dass erstmal verdauen hätte fast mein Frühstück ausgekotzt....Trotz Drohungen und was weiß ich für repressalien konnte ich mir sehr wohl aussuchen Bausoldat geworden zu sein...Das muss ich echt erstmal verdauen und dann über Konsequenzen nachdenken


    das ist glaube ich extrem schwierig... ich habe die allergrößte Hochachtung vor Menschen die sich trotz offensichtlicher Repressalien gegen ein System stellen, dass heißt aber nicht, dass ich das könnte oder nicht verstünde, warum man sich anders entscheidet und sich mit dem System arrangiert.


    wenn das so weitergeht, kann ich den Beitrag heute Abend um 22.00 absenden

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  • Danke Wassermann, dein Beitrag bringt`s genau auf den Punkt.
    Auf keinen Fall sollte man jetzt zu schnell von Rauswurf reden. Jeder von uns hatte ein Leben in der DDR und seit
    mehr als 20 Jahren auch eins im vereinten Deutschland.
    ´wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!
    Mir stellt sich vielmehr die Frage: Wer hat gerade jetzt zu Beginn der Saison ein Interesse mit solch einer Presse-
    meldung Union einen Schaden zuzufügen?


    u.n.v.e.u.

  • also glücklich bin ich mit der geschichte sicher erstmal nicht. die bezeichnung "summer of love" ist mal ziemlich daneben gegangen. und auch wenn natürlich die schlagzeilen und artikel oft reisserischer daherkommen als die reinen fakten dann wirklich sind (aber keinen wirklichen vorwurf an wolf, er ist journalist und da hat er seinen job gemacht, wartet mal lieber auf unseren medienpartner...), ist das keine gute sache. das thema union und stasi (auch wenn es nur das wachregiment ist) ist nunmal sehr sensibel. und auch wenn dirk seine armeekarriere gegenüber dem verein schon erklärt hat, dürfte es ihn nicht verwundern, daß die presse immer nach irgendwas verwertbarem sucht. da muß er (und auch wir) jetzt durch. aber ich denke jetzt auch nicht, daß er irgendwelche konsequenzen daraus ziehen muß, was seine präsidentschaft angeht. er hat vom 18. bis zum 21. lebensjahr dort seinen armeedienst verrichtet, nicht mehr und nicht weniger. er war ein junger mann, das ist 25 jahre her. natürlich wäre es etwas anderes, wenn da irgendeine im-geschichte dranhängen würde. so ist es aber nicht. für eine gewisse zeit muß dirk zingler da jetzt durch, die presse wird es versuchen auszuschlachten.
    wie gesagt, ich bin nicht glücklich darüber, aber es ist sicherlich auch nicht so dramatisch, wie es einige nun wohl darzustellen versuchen.

    Ich würde gerne die Welt ändern, aber Gott gibt mir nicht den Quelltext.

  • wassermann Ich gebe dir nicht ganz recht.Dein Zitat ,, man zeigte bei der Musterung seine Unwilligkeit auf den Klassenfeind zu
    schießen , dann bist Du zu fast 100 % nicht an die Grenze gekommen",Ich selbst habe damals bei der Musterung angegeben nicht auf Menschen zu schießen und bin trotzdem zu den Grenztruppen gezogen worden.
    Ich denke mal weil ich keine sogenannte Westverwandtschaft hatte.

  • kann mal jemand der von der Sache Ahnung hat Licht für mich ins Dunkel bringen?


    - hatte man eine (wirkliche) Wahl dem Wehrdienst zu entgehen?
    - konnte man sich aussuchen, wo man gedient hat?


    Ja, man hatte in gewisser Weise die Wahl. Zum Wehrdienst bei der NVA mußte man in jedem Falle. Ein nicht geringer Teil der Wehpflichtigen, die als politisch zuverlässig eingeschätzt wurden, wurden zwei weitere Möglichkeiten angeboten. Entweder ein Wehrdienst bei den Grenztruppen der DDR oder eben beim Wachregiment Dzierzinski; sehr lesenswert ist zu denen der Wikipedia-Artikel. Grenztruppen oder Wachregiment konnte man ablehnen - und dann war man eben beid er NVA.



    - waren alle Wehrdienstler im Wachregiment automatisch Stasi/Mfs-Angehörige?
    - gab es da grundsätzlich Anwerbungsversuche als IM


    Ja, das Wachregiment unterstand direkt der Stasi und darum war man für die Dienstzeit Stasi-Angehöriger. Danach aber nicht mehr. Als IM oder OibE angeworben wurden von den Leuten vom Wachregiment nur die, denen man eine effektive Spitzeltätigkeit zugetraut hat und die sonst 200prozentig waren. Dirk Zingler wurde nicht angeworben.



    Und nun mal direkt zur Sache, ohne hier wiederholen zu wollen, was im Presse-Thread diskutiert wird und auch von mir geschrieben wurde. Ich halte es für eine vollkommen falsche Einschätzung der DDR, wenn man den Dienst beim Wachregiment zur übelst möglichen Wehrdienstmöglichkeit erklärt. Diese Leute waren sicher direkt der Stasi unterstellt, aber sie haben im Unterschied zu IMs niemanden bespitzelt, sie haben ihre Tätigkeit nicht im Geheimen ausgeübt, weil sie jeder an ihren Uniformen erkennen konnte. Ein Teil meiner besten Freunde und auch Unioner darunter ist zum Wachregiment Dzierzinski gegangen, weil dass die einzige Möglichkeit war, seinen Wehrdienst garantiert in Berlin zu verbringen oder aber auch teilweise in seinem Beruf, z.B. als Setzer oder Drucker, weiterzuarbeiten. Ich fand das damals etwas schräg aber nie teuflisch.


    Und nicht zu vergessen: die Leute beim Wachregiment wußten von vornherein, dass sie im Regelfall nie werden auf einen Menschen schießen müssen. Das war bei denen, die bei den Grenztruppen waren schon ganz anders. Jeder in der DDR wußte, dass bei einem Fluchtversuch geschoßen wird und dass eben die Angehörigen der Grenztruppen schießen würden - und keine Stasi- oder Wachregiment-Leute. Der Unterschied ist mir wichtig, weil mein Bruder ein paar Jahre wegen Republikflucht im Gefängnis war. Und deswegen war für mich der Dienst bei den Grenztruppen immer die üblere Sache und habe ich die Leute nicht wirklich verstanden, die dahin gegangen sind.


    P.S. Ein Teil der Angehörigen des Wachregiment Dzierzinski wurde 1990 ohne Einzelfallprüfung direkt in die Personenschutzabteilungen der Bundesregierung übernommen und teilweise verbeamtet. Ein Großteil der Debatte um das Wachregiment ist für mich pure Heuchelei.

    Der natürliche Grundzustand des Fußballfans ist bittere Enttäuschung, egal wie es steht. Nick Hornby

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