Nach der Veröffentlichung im V.I.R.U.S.-Forum nun auch hier...
Der Hintergrund dürfte hinreichend bekannt sein.
ZitatAlles anzeigenschwatzgelb.de
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Herrn
Dietmar Hopp
c/o TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH
Horrenberger Straße 58
74939 Zuzenhausen
Dortmund, den 18. August 2011
Sehr geehrter Herr Hopp,
angesichts der aktuellen Entwicklungen möchten wir als schwatzgelb.de uns direkt
an Sie wenden.
Immer und immer wieder ist zu lesen, dass Sie von beleidigenden und zweifelsfrei
niveaulosen Sprechchören, Gesängen und Transparenten gegen Ihre Person tief
getroffen werden. Sie betonen immer und immer wieder, wie weh Ihnen das tut.
Dass Sie diese Schmährufe derart persönlich nehmen, ist schade und vor allem
völlig unangebracht.
Mit dem Schritt in den großen Profi-Fußball haben Sie und auch die TSG Hoffenheim
sich auf ein völlig neues Terrain gewagt. Doch während man bundesligataugliche
Spieler mit Geld kaufen und eine bundesligataugliche Infrastruktur mit Geld bauen
kann, kann man ein Umfeld, das mit der Mentalität, die in den höheren Spielklassen
herrscht, umzugehen weiß, nicht kaufen. Um auf den Rängen mithalten zu können,
braucht es Erfahrung, viel Erfahrung. Und ein dickes Fell. Denn Beleidigungen
gehören auf den Rängen eines Fußballstadions so zum Alltag wie Fouls auf dem
Rasen.
Verbale Fouls und solche in Form von Tritten in die Wade gehen doch im Fußball
Hand in Hand. Nimmt es denn Spieler A persönlich, wenn Spieler B ihm gerade mit
einem Foul eine Torchance geraubt hat? Nein! In jedem Foul steckt doch quasi die
Metabotschaft: „Sorry, ist nicht persönlich, aber ich muss dir jetzt die Beine
wegtreten, weil ich nicht verantworten kann, dass du ein Tor gegen meine
Mannschaft schießt.“ Das ist doch Konsens. Das wissen alle Spieler.
Auf den Rängen ist es identisch. Glauben Sie etwa, auch nur ein BVB-Fan fühlt sich
persönlich beleidigt, wenn er in Gladbach, Köln, Frankfurt… und sogar in Hoffenheim
das Lied von den „BVB-Hurensöhnen“ hören muss? Wo kämen wir denn da hin? Das
perlt ab, weil doch jeder weiß, wie es gemeint ist. Hat Ihnen das wirklich niemand
gesagt? War Ihnen das mit all Ihrer Erfahrung und der Weisheit des Alters wirklich
nicht bewusst?
Eines ist aber auch klar: Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen der
Diffamierung einer ganzen Gruppe und einer einzelnen Person. In Ihrem Falle ist es
doch aber so, dass Fans aller Vereine, außer vermutlich Leverkusen, Wolfsburg und
RB Leipzig, das Projekt Hoffenheim konsequent ablehnen. Diese Ablehnung betrifft
aber in ähnlichem oder gleichem Maße Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg und
ganz besonders RB Leipzig. Es gibt zwischen den drei genannten Klubs und der
TSG Hoffenheim allerdings einen feinen, aber wichtigen Unterschied: Sie.
Sie, Herr Hopp, sind das Gesicht der TSG Hoffenheim. Sie sind das Gesicht des
Projekts Hoffenheim. Sie sind das Gesicht einer Entwicklung, die wir Fans ablehnen.
Darum fokussieren sich Schmähgesänge auf Sie als Person. Weil bei keinem der
anderen genannten Vereine ein einzelner Mensch so sinnbildlich für diese – wie wir
finden – gefährliche Entwicklung für den Fußball steht. Wir wollen keine Klubs aus
der Retorte. Und wir wollen keine Mäzene, die einen Klub hätscheln und großziehen
und ihm von jetzt auf gleich Dinge ermöglichen (Jugendleistungszentren zum
Beispiel), die sich andere Vereine sauer verdienen müssen.
Sollte die Schall-Attacke in Hoffenheim wirklich das Werk zweier übereifriger Männer
gewesen sein, macht das die Sache im Übrigen auch nicht besser. Vielmehr spräche
diese Aktion Bände darüber, welches Klima bei der TSG herrscht, dass sich
Mitarbeiter im vorauseilenden Gehorsam zu Ihren Vollstreckern machen und zur
Selbstjustiz greifen und dabei nicht nur möglicherweise gegen DFL-Statuten
verstoßen, sondern in die körperliche Unversehrtheit von Fans eingreifen. Ist man
Ihnen bei der TSG dermaßen hörig? Ist das das Klima, das Sie haben wollen?
Wenn Mäzene und Konzerne sich nach Belieben in Vereine „einkaufen“ und die
Bundesliga erobern können, dann muss das all den Fans sauer aufstoßen, die seit
Jahren und Jahrzehnten mit ihren Vereinen fiebern, Abstiege betrauern mussten und
Meisterschaften bejubeln durften. Die den ganzen Fußball mit seiner Emotionalität
und Unkalkulierbarkeit so sehr lieben.
Man muss kein ewiggestriger Nostalgiker sein, wenn man fordert, dass im Fußball
bitte jeder Verein nur mit den Mitteln arbeitet, die er sich erarbeitet. Als BVB-Fans
wissen wir, wovon wir reden, denn wir sind beinahe Opfer der Hybris eines
Präsidenten geworden. Blind sind wir ihm gefolgt und wären beinahe in unser
Verderben gerannt. Viele sagen, der BVB habe damals Glück gehabt. Das stimmt.
Aber dass der BVB damals von Sponsoren und Gläubigern gerettet wurde, hat er
sich in gewisser Weise auch erarbeitet. Nämlich durch Tradition und die daraus
erwachsene Verwurzelung nicht nur in Dortmund, sondern in den Köpfen und Herzen
des ganzen Landes.
Wer würde der TSG Hoffenheim in ähnlicher Situation helfen, wenn Sie einmal nicht
mehr da sind?
Viele Fans würden sicherlich gerne einmal sachlich über Ihre Rolle im Fußball
diskutieren und darüber, warum Modelle wie Hoffenheim oder Leipzig auf so viel
Abneigung stoßen. Allein: Wären Sie dazu bereit? Haben Sie jemals in Erwägung
gezogen, sich einer größeren Fanrunde zu stellen und zu diskutieren? Hat es jemals
eine Reaktion auf humorige und kreative Plakate gegen das Projekt Hoffenheim
gegeben? Nein. Keine Beleidigung, keine Reaktion. Auf „Sohn einer Hure“ kommt
sofort eine Reaktion, was offenbar viele zu der Ansicht bringt, dass Sie und die TSG
nur auf Schläge mit der großen Keule reagieren, während Sie aber gleichzeitig nicht
in der Lage sind, die Ängste der Fans anderer Klubs ernst zu nehmen.
Herr Hopp, wir laden Sie hiermit herzlich nach Dortmund ein, um mit Fans von
Borussia Dortmund, vielleicht im Rahmen einer Podiumsdiskussion, über das Projekt
Hoffenheim und Ihre Rolle im Fußball zu diskutieren. Wir würden uns freuen, wenn
Sie unserer Einladung Folge leisten würden.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir.
Hochachtungsvoll,
Ihre schwatzgelb.de-Redaktion