(Warum) hinkt der Fußball im Osten hinterher?

  • Aus Ostdeutscher Perspektive war die zurückliegende Saison mal wieder ein ziemlicher Dämpfer.


    Nach den Abstiegen von Cottbus und Rostock aus der Bundesliga schien es in der jüngeren Vergangenheit für den Fußball aus Ostdeutschland bergauf zu gehen.


    Von einigen Vereinen hörte man vorsichtige aber doch deutliche Signale finanzieller Konsolidierung. Insgesamt - so mein Eindruck - ging es auch sportlich bergauf. Magdeburg, Lok und Chemie, Jena, die Trendunkehr bei Cottbus, Stabilisierung bei der Hansa, Dresden und zu vorderst natürlich unsere sensationellen Leistungen ließen aufhorchen. Es schien sich etwas zu tun im Osten.


    War das vielleicht doch nicht mehr als eine (verzerrte) Momentaufnahme?


    Die gerade beendete Saison lässt konsternieren:


    - unter den besten 36 Mannschaften künftig nur noch zwei echte Ostvereine (Union und Aue)

    - sportlicher Knockout in Dresden

    - in einer sehr ausgeglichenen 3. Liga hat es nur ein Ostclub geschafft, bis zum letzten Spieltag zumindest die theoretische Chance auf den Aufstieg zu wahren (Rostock)

    - unter den schwächsten 7 Mannschaften der 3. Liga gleich 5 Ostclubs ( Magdeburg, stark abgestürzt; Halle, abgestürzt; Zwickau, Klassenerhalt sicher ein Erfolg; Chemnitz, investiert und übernommen; Jena, trotz großer Investitionen ein Totalkollaps)

    - Regionalliga NO insgesamt ähnlich düster: Lok scheitert trotz Aufbruchs an einem Dorfverein

    - vor einigen Jahren war die 3. Liga Hort ostdeutscher Traditionsclubs, nächste Saison ist es die Regio NO

    - Vollkollaps von Erfurt


    Auf der Habenseite stehen wir (sensationell) und Aue (in Anbetracht der Mittel-Erfolgs-Relation und der Konstanz wohl ähnlich sensationell).


    Gibt es wirklich sowas wie ein Siechtum des ostdeutschen Fußballs?


    Und wenn ja: Woran liegt es?


    Kann man die Gründe drei Dekaden nach der auch sportlichen Wiedervereinigung wirklich noch mit strukturellen Problemen begründen, die aus den 90ern her rühren? Zeigen Union und Aue (und der doch recht langanhaltende Erfolg von Rostock und Cottbus in der Vergangenheit) nicht, dass gute und nachhaltige Arbeit der Vereine in nachhaltigen Erfolg münden kann?


    Oder scheitern Clubs wie Dresden, Erfurt, Jena und Co vielleicht doch nicht an eigenem Unvermögen, sondern an struktureller Benachteiligung?

  • In der Betrachtung fehlt eine Aussage, welche Einflüsse auf diese Entwicklung die anderen beiden Klubs haben, die auch im NOFV-Bereich angesiedelt sind bzw. wurden. Also bitte :gamer gib Dir Mühe. ;)

  • In der Betrachtung fehlt eine Aussage, welche Einflüsse auf diese Entwicklung die anderen beiden Klubs haben, die auch im NOFV-Bereich angesiedelt sind bzw. wurden. Also bitte :gamer gib Dir Mühe. ;)


    Du meinst, ohne diese «beiden anderen Klubs» gäbe es diesen ostdeutschen Fussball-Absturz so nicht?

  • Hi Andre,


    wollte die beiden bewusst ausklammern, damit es nicht in das übliche R** B*** und BCC blabla ausartet. Sicherlich spielt deren Gebaren, gerade im Wettbewerb um Talente und Fans, eine Rolle. Ich halte das aber für einen zu vernachlässigenden Faktor. Aktuell machen die beiden Vereine wohl eher der direkten sportlichen Konkurrenz, also uns, zu schaffen.


    Bei R** B*** sicher mit "unfairem Wettbewerb". Da wurde genug drüber diskutiert und gesagt.


    Dem BCC kann man, abseits der üblichen von mir im Kern geteilten Kritik, nicht viel vorwerfen. Das ist insgesamt halt der normale Wettbewerb im Profifußball.


    Das sportliche Delta zwischen BCC und R** B*** und den erwähnten unterklassigeren Ostclubs ist ansonsten so groß, dass das nicht der Grund für das Siechtum sein kann.


    Tatsächlich ging es doch für Ostclubs bergauf, als das direkte Konkurrenzverhältnis zu den beiden deutlich größer war. Jetzt, wo sie weg sind, kommt wieder ein großer Knall.


    Wenn ich mir solche Erklärungen anschaue:


    https://www.berliner-zeitung.d…r-im-ostfussball-li.86418


    habe ich schon das Gefühl, dass es bei vielen Vereinen an einer (selbstkritischen) Analyse hapert. Ständig gibt es singuläre Erklärungen/Begründungen, die insgesamt aber nicht erklären, warum man dauerhaft rumdümpelt und auf jeden Aufbruch ein größerer Abbruch folgt.


    Mittlerweile machen Provinzvereine mit definitiv weniger guten strukturellen Voraussetzungen den Ostgrößen ernsthafte Konkurrenz und ziehen sogar vorbei. Da kann man Beispiele im Osten nehmen (Altglienicke, Berliner AK, Auerbach...), aber auch Westclubs. Meppen, Sandhausen, Großaspach, Verl... Ich sehe bei solchen Clubs jedenfalls wesentlich schlechter strukturelle Bedingungen als bei bspw. Dresden. In jeder Hinsicht.

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  • Da die Zuschauer/Fans in meinen Augen im Osten treuer sind, haben die Vereine dort eigentlich Mehreinnahmen an Eintrittsgeldern als die Konkurrenz, was sie aber scheinbar schlechter einsetzen.


    Dazu das übliche, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt werden die Trainer entlassen. Der neue will dann andere Spieler und so kommt eines zum anderen und keine Kontinuität rein. Aber das ist kein reines Ostproblem.


    Auch wenn in Aue die Leonhardts regieren, aber wie sich Wismut Jahr für Jahr in Liga 2 hält, hat meinen Respekt.


    In Dresden haben mir die Fans zuviel negativen Einfluß, ebenso in Chemnitz.

    In Magdeburg fand ich die Einstellungen von Franz und Kallnik und dann Wollitz merkwürdig. Alle Ortsvereine haben eine große Tradition, binden aber kaum frühere Idole mit ein.


    Wenn man einmal insolvent geht sollte es kein zweites mal geschehen und sagt alles über die dort Verantwortlichen.

    Über Babelsberg bspw.kann ich nur den Kopf schütteln.


    Wir sind da ja auch gebeutelt. Zwar ohne Insolvenz aber wenn ich an die 90er denke mit den zwei aufeinanderfolgenden Aufstiegen die dann nicht stattfanden =O

    5.2:11


    2:1-09-2014


    27.05.2019


    Ich spreche fließend ironisch und das mit sarkastischem Akzent.


    Bitte nicht knuddeln, ich habe Liebkose-Intoleranz



  • In der Betrachtung fehlt eine Aussage, welche Einflüsse auf diese Entwicklung die anderen beiden Klubs haben, die auch im NOFV-Bereich angesiedelt sind bzw. wurden. Also bitte :gamer gib Dir Mühe. ;)


    Du meinst, ohne diese «beiden anderen Klubs» gäbe es diesen ostdeutschen Fussball-Absturz so nicht?

    Zumindest funktionieren diese wie eine Art Staubsauger, die viele vorhandene Potenziale (Talente, Sponsoren, Fans?, Medienecho u.s.w.) regelrecht wegsaugen. Wer da kein grundsolides Standbein hat, wird es da schwer haben. Allerdings sehe ich diese beiden Clubs nicht gleichrangig. In Berlin wirkt der Staubsaugereffekt zumindest derzeit nicht so stark.

  • .... vielleicht nicht in diesem beschriebenen Maße .... :/

    Du hast wohl ebenso wie ich es, nicht für möglich gehalten!

    DD war auch für mich die perspektivische Kraft in Sachsen, allein das Fan-Potential (die Anzahl, nicht unbedingt die Qualität) ein Rückhalt für höhere Weihen!!!

    Dieser regelwidrige K.o.-Schlag, den hätte es für einen Westverein nicht gegeben, da bin ich sicher!

    „Du kannst jeden belügen, aber nicht die Fans.

    Es war mir eine Ehre, danke für die Anerkennung.“


    Damir Kreilach

    Geht nicht, gibt´s nicht!

  • ...

    Dieser regelwidrige K.o.-Schlag, den hätte es für einen Westverein nicht gegeben, da bin ich sicher!

    Vielleicht ist die Kriegserklärung vieler Fans von Dynamo ("Krieg dem DFB") doch irgendwie ernstgenommen worden.

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  • Die Gründung der Ratten hat sicherlich Auswirkung auf die Region in Sachsen und Halle. Für die Probleme von Magdeburg, Erfurt, Jena oder Rostock hat es aber nichts zu tun. Da sind zu viele Fehlentscheidungen getroffen worden.

    Aber das gilt eben nicht nur bei den Vereinen.

    Offenbach, Essen, Aachen, Oberhausen, teilweise Mannheim und Saarbrücken haben ähnliche Probleme (gehabt).

    Tradition, große Fanbasis ist Fluch und Segen gleichzeitig.

    Man muss es letztendlich auch so sehen: Der Platz an der Sonnenseite ist begrenzt und die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Das spüren auch Westvereine.

  • Also siehst Du die Probleme eher auf der Vereinsebene?


    Ich glaube das Fantreue-Argument taugt nur bedingt. Fantreue ist weniger ein Ostding, mehr eine Sache der Traditionsvereine. Anhänger von Rot Weiß Essen, Alemannia Aachen und Waldhof Mannheim unterscheiden sich in der Hinsicht nicht von Dresen, Lok und Chemie.


    Der Umstand, dass die Probleme bei Rot Weiß Essen, Mannheim, Aachen und Co sehr ähnlich sind, wie die von Dresden, Rostock, Magdeburg und Co, zeigt mir, dass das Argument struktureller Benachteiligung der Ost- gegenüber West-Clubs nicht (mehr) zieht. Die Befunde sind ja die gleichen. Hüben wie drüben die gleichen Schlagzeilen, Possen und Tendenzen. Bis hin zu den Provinzclubs, die den Rang ablaufen.


    Willy 70


    Was Du und die Dresdner KO-Schlag nennen, spielt sicher am Rande eine Rolle. Man hat aber vor COVID-19 bereits sportlich versagt (das übrigens nicht nur Dresden, sondern auch Jena, Chemnitz, Halle, Magdeburg). Dresden hat wieder Chaos in den Verein geholt (Minge).


    Wenn Dresden sich jetzt zum x-ten Mal in eine Opferrolle redet, verhindert das aus meiner Sicht eine notwendige Analyse der eigentlichen Ursachen. Wenn die Saion nicht von COVID-19 beeinträchtigt worden wäre, wäre Dresden trotzdem in akuter Abstiegsnot gewesen.

  • Bei allem ist aber durchaus die Frage gestattet, wie viel Wirtschaftskraft lässt wie viel Sponsoring zu?


    Und da wandelt der Osten eben bis heute noch immer nicht in Kohls Vision von 1990:


    "Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“

    „Du kannst jeden belügen, aber nicht die Fans.

    Es war mir eine Ehre, danke für die Anerkennung.“


    Damir Kreilach

    Geht nicht, gibt´s nicht!

  • Im Osten fehlen die Sponsoren mit Finanzkraft.

    Meist liegen die Firmensitze in den alten Bundesländern.

    Dort wird dann investiert...

    Und Willy 70


    Zum Argument der regionalen Wirtschaftskraft/Sponsoring:



    Das ist sicherlich ein Argument. Aber trägt das wirklich in den Niederungen, in denen sich ein großer Teil der ehemaligen Osttraditionsclubs im Moment tummelt? Dass es in der Regio, der 3. Liga und bedingt auch in Liga 2 nicht die großen Millionen braucht, zeigen doch immer wieder Clubs. Und Sachsen, gerade Dresden ist kein wirtschaftliches Brachland.


    Fakt ist doch, dass es für jeden alten Ostverein mit Tradition einen Provinzclub gibt, der mindestens auf Augenhöhe agiert. Meistens träumen diese Peovinzclubs von den regelmäßigen Merchandise und Ticketeinnahmen der alten Traditionsclubs. Von den Fördergeldern für Stadien und Infrastrultur ganz zu schweigen.

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  • ick frag mich schon seit Jahren was macht zb. Sandhausen anders als mindestens 10 Traditionsvereine im Osten ,bzw.auch im Westen, von Fanbasis kann da ja auch kaum die Rede sein.

    Da hab ich was direktes:

    Im Weiler Bruchhausen (gehört zu Sandhausen) , da kenne ich einen ehemaligen Kollegen (Bauarbeiter, also von 1970 an).


    Der sagte mal sinngemäß:


    Willy, hier hat die "Kohle" einen fast religiösen Ortsbezug. Alle Sandhäuser und die Umgebung sind zur Stelle, wenn es dem Verein am Geld klemmt!


    Ob es heute auch noch so ist(?) , da haben sie dann aber der nächsten Generation eine Botschaft vermittelt!

    „Du kannst jeden belügen, aber nicht die Fans.

    Es war mir eine Ehre, danke für die Anerkennung.“


    Damir Kreilach

    Geht nicht, gibt´s nicht!

  • Meinst Du echt, dass Dresden nicht auch eine ähnliche wirtschaftliche Basis und dazu noch aufgrund der Verankerung nicht mindestens die gleichen Mobilisierungspotenziale mit Blick auf Sponsoren hat, wie Sandhausen?

  • Vielleicht ist aber auch ein "Traditionsverein" einfach nur noch ein schöes, wehleidiges Wort. Einfach nur eine rosa Traumwolke der Fans.

    Die Vereine scheitern ja nicht an Ihrer Tradition, sondern an Ihren Unfähigkeit zu wirtschaften.

    D.H. dann auch, wenn meine wirtschaftliche Situation nur Amateursport zulässt, muß ich das akzeptieren. Wenn heute, ein großer Konzern, Sponsor etc. richtig Bock auf einen Verein hat, weil er analysiert hat, dass er auf Grund dieser Zusammenarbeit, einen Profit erreicht (Medial/Kommerz), dann steigt er halt ein.

    Nicht weil dieser Verein seit über 100 Jahren existiert.

    Die Gretchenfrage wird hier, braucht man uns - die Fans - wirklich noch? Bei einigen o.g., wurde die Fanbasis teilweise zur Belastung bzw. ein "Ärgernis". Der sponsor XYZ will das nicht. Der sieht nur seine Euros bzw. positive Aussendarstellung in den Medien.

    Diese Coronazeit hat uns doch leider gezeigt, dass ein Fußball ohne uns möglich ist und auch praktiziert wurde.

    Ergo, Du musst dich für einen Sponsor interessant machen, mit einem Konzept, was genau jetzt profitabel ist. Das können die meisten "ost"-Klubs leider nicht aufbringen. Vielleicht bleiben ja unsere wunderschönen Erinnerungen nur das, was sie sind.

  • Meinst Du echt, dass Dresden nicht auch eine ähnliche wirtschaftliche Basis und dazu noch aufgrund der Verankerung nicht mindestens die gleichen Mobilisierungspotenziale mit Blick auf Sponsoren hat, wie Sandhausen?

    Die Frage(n), die ich mir zusätzlich stelle:

    Wer hat das Sagen bei wirtschaftlicher Kraft, wer/woher sind die solventen Investoren, wohin senden sie ihr Engagement???

    „Du kannst jeden belügen, aber nicht die Fans.

    Es war mir eine Ehre, danke für die Anerkennung.“


    Damir Kreilach

    Geht nicht, gibt´s nicht!

  • Ostdeutsche Mannschaften haben in der Saison 2019/20 eine der erfolgreichsten Bundesliga Spielzeiten seit 1990 absolviert.


    3 Teams waren in der Bundesliga anwesend. Keiner davon hatte mit dem Abstiegskampf zu tun. Ein Team hat sich für die CL qualifiziert.


    Bilanz:


    3. RB Leipzig

    10. Hertha BSC

    11. Union Berlin

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