Rönnow fliegt diese Saison so dermaßen unter dem Radar sämtlicher Sportjournalisten (egal ob bei klassischen Medienhäusern, TV-Anstalten/Streamanbieter oder diversen Bloggern und Podcastern), das ist fast schon atemberaubend. Fraglos waren Kobel, Flekken und Rönnow die Top 3 Torhüter in der Bundesliga diese Saison. Kobel und Flekken haben sich dabei jedoch mehrfach torverursachende und spielentscheidende Fehler erlaubt. Kobel hat unter anderem gegen uns und gegen Bayern richtig schlecht ausgesehen. Flekken hat mit seinem Fehler in der Hinrunde gegen Dortmund die Niederlage seiner Mannschaft eingeleitet. So etwas ist Rönnow in dieser Saison nicht ein einziges mal passiert. Korrigiert mich bitte wenn ich falsch liege, aber der Distanztreffer der Leipziger im Rückspiel war meiner Meinung nach die einzige Situation, wo man überhaupt mal das Gefühl hatte, dass da ein Ball im Tor gelandet ist, den er in den meisten Fällen abwehren würde. Aber eben auch nicht so krass, dass man da von einem Torwartfehler hätte sprechen können.
Dann lohnt sich natürlich wie immer auch der Blick auf die Statistiken im Vergleich.
Kobel (27 Einsätze) und Rönnow (29 Einsätze) haben jeweils 119 Schüsse aufs Tor bekommen. Flekken (34 Einsätze) hat 150 Schüsse auf den Kasten bekommen. Die Schwierigkeit der Schüsse bzw. die Qualität der Chancen war bei allen drei Torhütern ziemlich ähnlich. Wenn man sich dann aber anschaut, wie sich der PSxG-Wert (etwas modifizierte "expected Goals" Metrik) zu den tatsächlichen Gegentoren verhält, dann ist die Diskrepanz zwischen Rönnow und den anderen Torhütern enorm. Kobel (+2,4) und Flekken (+2,8) haben gemäß dieser Metrik sehr ähnlich performt. Rönnow hat hier einen Wert von +8,2! Er hat also knapp 6 erwartbare Tore mehr verhindert als Flekken und Kobel.
Nun kann das natürlich auch reines Glück gewesen sein, weil diese Statistik nicht differenziert, ob der Torhüter den Ball hält oder der Stürmer den Ball aus zwei Metern am leeren Tor vorbeischiebt. Aber auch wenn wir auf andere Werte von anderen Anbietern schauen, zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Bei einem Blick auf den xSaves Wert steht Rönnow zwar mit nicht mehr ganz so großem Vorsprung vorne, aber er ist auch hier auf Platz 1. Rönnow hat demnach 9 Bälle mehr gehalten als statistisch erwartbar war, während Flekken mit einem Wert von 7,5 auf Platz 2 steht und Kobel mit einem Wert von 5,8 sogar nur auf Platz 5 (hinter Casteels und Sommer).
Nun besteht das Torwartspiel ja nicht nur aus dem Spiel auf der Linie. Aber auch spielerisch ist Rönnow (1115 Pässe) über jeden Zweifel erhaben. Er hat sogar mehr Aktionen mit Ball am Fuß als Kobel (855 Pässe). Flekken (1231 Pässe) toppt das noch, er hatte aber durch ausbleibende Verletzungen eben auch mehr Spielzeit als Rönnow. Die Passquote bewegt sich bei allen drei Keepern auf ähnlichem Niveau (~40%). Was die Strafraumbeherrschung angeht (abgefangene Flanken) liegt Rönnow (9,9%) wieder recht deutlich vor Flekken (7,4%) und Kobel (5,1%). Lediglich bei Abwehraktionen außerhalb des 16ers liegt Rönnow (29 Abwehraktionen) klar hinter Kobel (37 Abwehraktionen) und Flekken (43 Aktionen). Das hat aber natürlich auch viel mit unserer Spielweise zu tun. Unsere Abwehr steht in der Regel eben besonders tief und daher gibt es einfach seltener Situationen, in welchen Rönnow außerhalb des Strafraums klären muss.
Angesichts solcher Zahlen aber eben auch aufgrund qualitativer Betrachtung (Torwartfehler und Auswirkungen auf die Spieldynamik) ist es für mich tatsächlich wenig nachvollziehbar, wie man Kobel nach dieser Saison auf Platz 1 setzen kann. Ohne Frage ist Kobel ein großartiger Torwart. Aber er war in der abgelaufenen Saison im Vergleich mit Rönnow ganz klar NICHT der bessere Torwart.